Geschrieben von:
Bünyamin Sarikaya
Geschäftsführer Nessy GmbH
Experte für Schwimmunterricht
Veröffentlicht: 25.09.2025
25.09.2025
Wie man Kindern hilft, Angst vor dem Tauchen zu überwinden
Tauchen, Unterwasser sein oder einfach nur das Gesicht ins Wasser zu halten, kann für viele Kinder eine große Überwindung sein. Doch mit Geduld, Spiel und den richtigen Schritten lässt sich diese Angst meist abbauen. Hier sind bewährte Methoden – praktisch, verständlich und kindgerecht – wie Eltern Kinder unterstützen können.
Angst verstehen und akzeptieren
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Emotionen zulassen: Angst ist eine natürliche Reaktion auf das Unbekannte. Wenn ein Kind sagt „Ich hab Angst“, ist das kein Rückschritt, sondern der erste Schritt. Zuhören, ernst nehmen, nicht abtun.
Die Angst ist für dein Kind real und irrational - es gilt Lösungen zu finden, wie du deinem Kind helfen kannst, dass es selber versteht, dass es keine Angst vor dem Tauchen haben muss.
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Kein Druck: Wenn Eltern, Geschwister oder Lehrer zu viel drängen, kann das die Angst verstärken. Statt „Du musst jetzt tauchen!“ besser „Wenn du bereit bist, probieren wir’s zusammen.“ Stimmen Ton, Tempo und Vertrauen.
Auch Kommentare zum Lerntempo können eine größere Barriere aufbauen.
Einen ausführlichen Artikel zu verschiedenen Arten der Wasserängste haben wir bereits.
Schrittweise Gewöhnung
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Wassergewöhnung im Flachen: Zuerst Wasser erleben, ohne ins Tiefe zu gehen – flache Stellen, Planschbecken, Badewanne. Schon allein das Spritzen, mit Wasser spielen, Füße oder Beine eintauchen hilft, Sicherheit aufzubauen.
Wenn ihr im Schwimmbad seid und es eine Treppe gibt, kann man gut die Stufen nutzen um Grenzen abzuklären und Fortschritt zu machen. Fangt auf der Stufe außerhalb des Wassers an und steigert euch immer weiter runter. Das geht natürlich nur an ruhigen Treppen oder in Absprache mit dem Bademeister.
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Gesicht und Kopf ins Wasser: Übungen wie Wasser über den Kopf laufen lassen, mit dem Gesicht ins Wasser tauchen, Pusten von Blasen auf der Wasseroberfläche. Wichtig: langsam und in kleinen Schritten.
Hier kann auch eine Ergänzung des Abendrituals helfen - form deine Hände zur Schale und lass lauwarmes Wasser hineinlaufen. Anschließend das Gesicht abwaschen - so gewöhnt sich dein Kind an den Lidschlussreflex und kann in einer sicheren Umgebung Erfahrung sammeln.
Spiele, Hilfsmittel und positive Reize
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Spiel & Fantasie: Kinder lieben Geschichten, Helden, Abenteuerszenarien. Ein Tauchgang kann zur Mission werden („wir retten den Schatz“) oder zur Erkundung eines geheimen Unterwassergartens. Spielen lenkt ab, erleichtert das Lernen.
Es kann helfen die Gedanken deines Kindes von der Angst vor dem Tauchen abzulenken, viele junge Kinder erfinden selber Fische oder Schiffe die sie unter Wasser gesehen haben wollen.
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Vertraute Objekte mitnehmen: Lieblingsspielzeug, Schwimmhilfe oder gute Schwimmbrille können Sicherheit vermitteln. Wenn Kinder Hilfsmittel nutzen dürfen, fühlen sie sich weniger ausgeliefert und mehr selbstbestimmt.
Und sei es nur der Lieblingsteddy der vom Beckenrand zuschaut, gerade für besonders ängstliche Kinder kann so etwas helfen.
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Gute Ausrüstung: Eine gut passende Schwimm- oder Tauchmaske, mit der das Kind klar sehen kann, reduziert Angst – Sicht und Orientierung unter Wasser sind wichtig
Bei klarer Sicht wird das Tauchen weniger mysteriös, das unbekannte wird aufgelöst und es fällt deinem Kind einfacher zu tauchen. Langfristig sollte die Schwimmbrille aber nicht antrainiert werden, die Vor und Nachteile von Schwimmbrillen haben wir hier zusammengefasst.
Vorbilder und Unterstützung
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Mitmachen & Vorbild sein: Wenn ein Erwachsener oder ein anderer vertrauter Mensch zeigt, dass Untertauchen nichts Schlimmes ist, hilft das. Vorsichtiges Vorzeigen, z. B. gemeinsam abtauchen oder das Gesicht ins Wasser halten.
Du kannst deinem Kind beweisen, dass du sogar unter Wasser die Augen aufmachen kannst indem dein Kind dir unter Wasser mit seinen Fingern eine Zahl zeigen soll, du tauchst ab, zählst die Finger, tauchst wieder auf und nennst deinem Kind die Zahl, so kann etwas Spaß die Stimmung lockern. Tauche langsam und zeige, dass es eine kontrollierte Situation ist und es keinen Grund für Angst geben muss.
Kleine Ziele & Erfolg feiern
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Meilensteine setzen: Nicht erwarten, dass ein Kind sofort taucht. Ziel könnte sein: nur Gesicht nass machen → gerade Gesicht ins Wasser → mit Brille abtauchen → kleiner Gegenstand vom Boden holen → tiefer tauchen etc.
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Feiern und verstärken: Jede erreichte Stufe, jede kleine Verbesserung verdient Lob. Das stärkt das Selbstbewusstsein. Belohnungen, Komplimente, positive Feedbacks wirken stärker als Druck.
Sicherheit und Vertrauen schaffen
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Vertrauter Rahmen & Sicherheit: Der Ort sollte als sicher erlebt werden. Wenn möglich, dasselbe Becken, derselbe Trainer, gleiche Schwimmsachen, gleichen Ablauf. Das gibt Kontrolle.
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Transparenz & Vorbereitung: Erklären, was passiert, wie das Wasser sich anfühlt, was Sinn und Zweck der Übungen ist. Wenn das Kind weiß, was kommt, reduziert das Unsicherheit. Beispiel: „Jetzt gießen wir Wasser über den Kopf. Dann schauen wir, wie dein Gesicht damit klarkommt.“
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Rückzugsmöglichkeit: Das Kind sollte wissen, dass es jederzeit aufhören kann, zurücktreten darf. Wer gedrängt wird, fühlt sich in der Situation machtlos, was die Angst verstärken kann.
Psychologische Methoden (wenn nötig)
Dies ist nur nötig wenn dein Kind eine ausgewachsene Angst hat, oder bereits traumatische Erlebnisse im Wasser hatte.
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Desensibilisierung / Expositionstherapie: Unter Anleitung eines Psychologen oder speziell geschulten Lehrers kann schrittweise die Konfrontation mit dem Wasser erfolgen, bis die Angst langsam abnimmt.
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Visualisierung: Das Kind stellt sich vor, wie es sicher unter Wasser taucht, schöne Fische sieht, Spaß hat – mentale Bilder helfen, Angst zu relativieren.
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Entspannungstechniken und Achtsamkeit: Atemübungen, geführte Entspannungsphasen vor oder nach dem Wasseraufenthalt können helfen, Anspannung abzubauen.
Fazit
Angst vor dem Tauchen bei Kindern ist keineswegs ungewöhnlich – und mit der richtigen Unterstützung und Methode gut überwindbar. Wichtig sind Geduld, Empathie und ein stufenweiser, spielerischer Ansatz. Kleine Schritte, Erfolgserlebnisse und Vertrauen können zusammen dafür sorgen, dass das Unterwasser sein von etwas Angsterregendem zu etwas Faszinierendem und Spaßigem wird.